klima.

Welche Bedeutung haben Kooperationen zwischen unterschiedlichen Wissenschaftskulturen?

Kirsten Winderlich

»Nach draußen zu schauen, ist allerdings eine Fähigkeit, die erlernt werden muss.« (Sennett 2012, 371)

Über Bildung im Kontext von Klima und Kunst nachzudenken und Impulse für die Vermittlungspraxis zu entwickeln, bedeutet für uns als Bildungsexpertinnen mit Expert*innen aus dem Feld der Klimakrise(folgen)forschung in den Austausch zu gehen und Prozesse der Zusammenarbeit anzuregen wie produktiv zu machen. Unsere bild(ungs)theoretische wie -philosophische Expertise beharrt dabei auf einer Vermittlungskritik aus ästhetischer wie künstlerischer Perspektive im Sinne von Bildung. Um zwischen Wissenschaftskulturen nicht zu hierarchisieren, wollen wir die unterschiedlichen Zugriffe auf Themen und Fragestellungen in einen Dialog bringen – in der festen Annahme, damit auch zu Anderem Wissen zu gelangen, das im besten Falle auch utopische Momente des Noch-Nicht (Bloch 1985) für die Bildung ALLER berührt. Wie also zusammenarbeiten und -denken?

Für Richard Sennett (2012) ist die Fähigkeit zur Kooperation im Menschen angelegt. Sie dürfe sich allerdings nicht in Routineverhalten erschöpfen, sondern müsse entwickelt und vertieft werden.1 Was bedeutet dieses für die Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Wissenschaftskulturen? Um ein Routineverhalten aufzubrechen, müssen wir nicht nur die eigene Wissenschaftskultur, sondern auch die der Anderen reflektieren. Wir müssen uns auf diese einlassen und ihr wertschätzend begegnen: Visionen entwickeln und abseits routinierter Wissensbildung ein Gemeinsames entstehen lassen.

Im Rückgriff auf Montaignes Essay über die Eitelkeit2 setzt Sennett auf die Neugier, die uns befähigt, über uns selbst hinauszuschauen, und plädiert dafür, Sympathie durch Empathie zu ersetzen. Hieran anknüpfend fragen wir, wie Neugier und Empathie, im Sinne einer gelingenden Kooperation zwischen den Wissenschaftskulturen, angeregt werden kann. »Nach draußen schauen« ist also mehr als aus dem Fenster zu schauen. Vielmehr ist hier ein Blick gemeint, der sich den Anderen zuwendet. Wie aber sich der wissenschaftlichen Auseinandersetzung der Anderen widmen, ohne Teil der jeweiligen Wissenschaftskultur zu sein? Annahme und Ansatz der Art_logs ist, über ästhetische Transformationsprozesse anhand ausgewählter Objekte und Szenarien ins Gespräch kommen und auf diese Weise Blickwechsel zu initiieren. Die Objekte und Szenarien regen dabei nicht nur eine Vermittlung der jeweiligen Wissenschaftsperspektive an, sondern erzeugen gleichzeitig ein bildhaftes Sprechen, das ein assoziatives Verstehen des jeweils anderen Zugriffs auf die Klimakrise in Gang setzt.


Literatur

Bloch, Ernst (1985): Das Prinzip Hoffnung. Frankfurt a./M.: Suhrkamp.
Montaigne, Michel de (1533-1592/2016): Essais. Über die Eitelkeit. Berlin: Aufbau, 475-504.
Sennett, Richard (2012): Zusammenarbeit. Was unsere Gesellschaft zusammenhält. Berlin: Hanser.


Zitation

Winderlich, Kirsten (2023). Klima. Welche Bedeutung haben Kooperationen zwischen unterschiedlichen Wissenschaftskulturen? KLIMA. KUNST. BILDUNG., herausgegeben von Kirsten Winderlich und Stefanie Johns. https://klimakunstbildung.com/klima

Fußnoten

  1. Vgl. Sennett 2012, 10.
  2. Vgl. Montaigne 2016, 475-504.